Von Rostock nach Bremerhaven
Die Geschichte des Seitentrawlers FMS GERA
Über West-Grönland, Labrador und Mauretanien

Im Jahr 1956 entwickelten Schiffskonstrukteure der Schiffswerft „Neptun“ in Rostock einen neuen Seitentrawler-Typ, der auf der Peene-Werft in Wolgast gebaut wurde. Als drittes von vier baugleichen Schiffen der „Motor-Trawler Typ III, Klasse: A I (Eis) Fischerei“ wurde der Seitentrawler ROS 223 im Jahr 1959 auf Kiel gelegt und am 14. Oktober 1961 unter dem Namen GERA für das Fischkombinat Rostock in Dienst gestellt. Das Jahr seiner Inbetriebnahme war zugleich das letzte Jahr, in dem sowohl in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) als auch in der Bundesrepublik Deutschland Seitentrawler in Betrieb genommen wurden. Seit 1957 war dieser Schiffstyp sukzessive durch die moderneren Hecktrawler abgelöst worden, bei denen das Schleppnetz über das Heck an Bord gezogen wurde.
Technisch ausgereift und mit den damals modernsten Einrichtungen versehen, steht die 943 BRT große GERA somit am Ende einer langen Entwicklungsreihe der Seitentrawler. Sie verfügt über eine Vater-und-Sohn-Antriebsanlage mit insgesamt 1420 PS. Die 34 Mann starke Besatzung wohnte im Achterschiff in Ein-Mann- und Zwei-Mann-Kammern. Neu entwickelt waren in dem 65,55 Meter langen und 10,32 Meter breiten Schiff auch die Fischmehlanlage und die Leberölgewinnungsanlage. In ihrer Konzeption und ihrem Aussehen gleicht die GERA durchaus den Seitentrawlern, die zeitglich auch in Bremerhaven beheimatet waren.

Von der aktiven Fahrtzeit zum aktuellen Liegeplatz
Zunächst lief die GERA vor allem Fangplätze bei West-Grönland und Labrador an, wo einige Jahre gute Erfolge erzielt wurden. Seit Beginn der 1980er Jahre wurde sie wie ihre Schwesterschiffe jedoch nur noch für Transport- und Versorgungsaufgaben in der Fischereiflotte der DDR genutzt. Der letzte Einsatz führte die GERA als Zubringerschiff im März 1990 nach Mauretanien. Im Juni 1990 übernahm die Stadt Bremerhaven den letzten noch existierenden deutschen Seitentrawler und rettete ihn vor der bevorstehenden Verschrottung in Portugal. Die letzte Besatzung der GERA überführte das Schiff mit vollständiger Ausrüstung nach Bremerhaven, wo sie seitdem im alten Fischereihafen vor Anker liegt. Seitdem ist sie als Außenstelle des Historischen Museums Bremerhaven als Museumsschiff zugänglich.

Einsatzgebiete
In der DDR wurde die Große Hochseefischerei ausschließlich von Rostock aus betrieben. Zunächst waren die Hauptfanggebiete der ostdeutschen Seitentrawler vor allem die Südliche Bäreninsel, Bardagrund, Nordwest- und Südost-Island sowie die Barentssee. Dort fingen sie insbesondere Rotbarsch. Später lagen die Hauptfanggebiete der Hochseefischerei im Nordatlantik unter Norwegen, Grönland, Island, Neufundland, Labrador, den Bäreninseln und den Färöern.

Die Besatzung
Die Besatzung eines Seitentrawlers der letzten Generation bestand in der Regel aus einem Kapitän, dem 1. und 2. Steuermann, einem Funker, einem Bestmann, einem Netzmacher, zehn bis zwölf Matrosen einschließlich Leichtmatrose und Decksjungen, zwei bis drei Maschinisten, einem Koch und einem Kochsmaat.
Auf den großen Seitentrawlern fuhren in Westdeutschland 23 bis 27 Mann Besatzung, in Ostdeutschland bis zu 34 Mann. Während der Anreise zum und der Rückreise vom Fangplatz wurde die Decksmannschaft in Wachen eingeteilt. Auf der Brückenwache wechselten sich drei Matrosen im Vier- oder Sechs-Stunden-Turnus ab, um am Ruder zu stehen. Die übrigen Hochseefischer arbeiteten als so genannte Deckswache oder Tageswache und verrichteten die anfallenden Decksarbeiten.
Technische Daten
Schiffstyp: |
Fischereimotorschiff |
Art |
Seitentrawler |
Fischereikennzeichen |
ROS 223 |
Konstruktionsjahr |
1956 |
Baujahr |
1960 |
Indienststellung |
14.10.1961 |
Bauwerft |
Peene-Werft, Wolgast |
Reederei |
VEB Fischkombinat Rostock (bis 15. Juni 1990) |
Länge ü. a. |
65,55 Meter |
Länge zw. d. Loten |
58,40 Meter |
Breite auf Spanten |
10,30 Meter |
Seitenhöhe bis Hauptdeck |
5,70 Meter |
Konstruktionstiefgang |
4,64 Meter |
Tiefgang hinten |
5,64 Meter |
Tiefgang vorne |
4,25 Meter |
Vermessung |
942,89 Bruttoregistertonnen |
Deplacement |
1473,00 Tonnen |
Tragfähigkeit (Heimreise) |
457,52 Tonnen |
Fangkapazität |
4500 Korb (225 Tonnen) |
Antrieb |
Zwei Viertakt-Dieselmotoren Vater-und-Sohn-Anlage |
Antriebsleistung |
1420 PS |
Geschwindigkeit |
13,2 Knoten |
Besatzung |
34 Mann, zuletzt 25 Mann |
